15.02.2017 | Wie kann der deutsche Kunsthandel seine Wettbewerbsfähigkeit erhalten?

Im MONOPOL-Magazin 2/2017 ging Elke Buhr der Frage nach "Wohin steuert der deutsche Kunstmarkt?" und befragte dafür auch fünf Kunstmarktakteure. Das Statement von Kristian Jarmuschek in ungekürzter Fassung lesen Sie hier.

Frage: Wie kann der deutsche Kunsthandel seine Wettbewerbsfähigkeit erhalten? Was muss sich ändern?

Der Kunstmarkt in Deutschland ist durchweg mittelständisch geprägt und alles andere als ökonomisch exaltiert; seine Akteure arbeiten künstlernah, engagiert und professionell. Viele bewegen sich am unteren wirtschaftlichen Limit. Dass die Politik diesem Bereich gegenüber auf Durchzug stellt, ist schwer zu verstehen. Mit dem Kulturgutschutzgesetz hat das seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht.

Weil man ein paar "national wertvolle" Kunstwerke herausfiltern will, müssen Händler von "Kulturgut" nun zahllose Objekte zur Ausfuhr innerhalb Europas anmelden. Als gäbe es nicht genug bürokratischen Ballast. Der Kunsthandel wurde von der großen europäischen Idee eines freien Binnenmarktes abgekoppelt. Galerien sind davon weniger betroffen, doch auch sie müssen künftig Geschäftsunterlagen 30 Jahre aufbewahren: zwei von zahllosen Beispielen eines praxiswidrigen Gesetzes. Dies muss dringend revidiert werden und der Bund muss das Vertrauen, dass er beim Handel und den Sammlern beschädigt hat, wieder herstellen.

Kulturpolitiker haben vom Kunsthandel entweder keine oder falsche Vorstellungen. Kreativwirtschaft und Künstler stehen im Zentrum ihres Interesses. Die Wahrnehmung des Kunstmarktes ist hingegen von Ressentiments gesteuert. 

Künstler sind steuerlich und sozialpolitisch privilegiert, für sie gilt die ermäßigte Mehrwertsteuer. Krankenversicherung wird staatlich unterstützt und muss von uns Galerien mitfinanziert werden. Ein krasser Wettbewerbsnachteil gegenüber jeder ausländischen Galerie, für deren Künstler wir ebenfalls Abgaben zahlen müssen, wenn wir Arbeiten von diesen verkaufen.   

Die Politik muss endlich gegensteuern, anderenfalls setzt sie den Kunstmarkt aufs Spiel. Denn es gibt kein anderes Modell zur nachhaltigen Vermittlung und "Existenzsicherung" für zeitgenössische Künstler. Gezielte Galerienförderung wäre ein guter Ansatz. Oder Messeförderung - zum Beispiel wie in Österreich. Dort gibt es, wie überall, keine Künstlersozialabgabe. Auch dieses Gesetz muss entbürokratisiert werden; die Abgabe muss konstant für Unternehmer auf niedrigem Niveau bleiben und der Bund muss seinen Anteil erhöhen. Das ließe sich locker durch das enorme Steueraufkommen des Bundes realisieren. 

Einhundert inhabergeführte Buchhandlungen erhalten jährlich üppige Prämien von der Kulturstaatsministerin: insgesamt 800.000 Euro. So ein Programm für Galerien wäre eine kulturpolitische Anerkennung für unsere Arbeit. Wichtig wäre: dass Politiker den Marktakteuren zuhören, sich ein Bild von der Mühle machen, an der die Galerien drehen.

Im Zentrum steht: die Politik muss eine europäische Initiative starten und Kunst fiskalisch wieder da hinbringen, wo sie hingehört: in die Sphäre der steuerbegünstigten Kulturgüter. Mit dem nötigen politischen Willen wäre das möglich. Frau Grütters hat online-Publikationen zum ermäßigten Steuersatz verholfen; beim Kunstmarkt sah sie hingegen tatenlos zu, als die sieben Prozent gekappt wurden.

Veröffentlicht in: MONOPOL, Februar 2/2017 (S. 69, gekürzte Fassung)

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